Energie Cottbus
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Saisonchronik 2010/11 → 2. Bundesliga: Karlsruher SC (H)

2. Bundesliga 2010/11 - 3. Spieltag
Montag, 13.09.2010
Stadion der Freundschaft, Cottbus

9.875 Zuschauer

5:5
FC Energie Cottbus (2:4) Karlsruher SC

Schiedsrichter:
Florian Steuer (Menden)

Gegnerstatistik:
Karlsruher SC

Programm Plakat Presseinfo Bericht

Tore

1:0 N. Petersen (1.)
2:0 M. Kruska (16.)
2:1 M. Chrisantus (26.)
2:2 M. Mutzel (29.)
2:3 A. Fink (34.)
2:4 A. Iashvili (40.)
2:5 T. Staffeldt (55.)
3:5 J. Shao (66.)
4:5 N. Petersen (70.)
5:5 J. Reimerink (73.)

FC Energie Cottbus

T. Kirschbaum - K. Afriyie, A. Straith, M. Brzenska, T. Soma - M. Kurth, M. Kruska - R. Kronaveter , D. Adlung - N. Petersen, E. Jula

Auswechslungen:
A. Bittroff für T. Soma (46.)
J. Shao für R. Kronaveter (64.)
J. Reimerink für M. Kurth (69.)

Trainer: Claus-Dieter Wollitz

Karlsruher SC

K. Nicht - M. Zimmermann  , M. Langkamp  , S. Langkamp, A. Schäfer - G. Aduobe - T. Staffeldt, M. Mutzel - A. Iashvili   - A. Fink, M. Chrisantus

Auswechslungen:
M. Engelhardt   für M. Mutzel (64.)
C. Timm für M. Chrisantus (72.)
C. Nguyen für A. Fink (84.)

Trainer: Markus Schupp

Besonderes Vorkommnis / Sonstiges

Montagsspiele sind für viele Fans ein Graus. Späte Anstoßzeiten, lange Anreiswege für Auswärtsfahrer - und das alles unter der Woche. Zu Zweitligazeiten bestritt auch unser FC Energie viele Monatagsspiele. Zwischen 1997 und 2014 waren das genau 44 Partien, die auf den Wochenbeginn angesetzt wurden. An die meisten hat man nur noch schwache Erinnerungen, an eine ganz bestimmte erinnert sich jedoch ein Jeder.

Am 13. September 2010 fand das legendäre 5:5 gegen den Karlsruher SC statt. Es ist bis heute auf Platz 3 der torreichsten Spiele der Nachwende-Zweitligageschichte, zudem das einzige 5:5 überhaupt und wurde auch deutschlandweit durch die Ausstrahlung im TV zum Gesprächsthema. Das Ergebnis an sich ist spektakulär genug - der Spielverlauf und die Torfolge macht es allerdings erst richtig interessant. 2:0, 2:5, 5:5. Mehr Emotionen, mehr Aufs und Abs kann ein einzelnes Spiel gar nicht bieten. Und auch dieses Spiel hatte seine ganz speziellen Helden.

Das Montagsspiel unter Flutlicht war gerade erst angepfiffen, da war es Nils Petersen, der nach nur 18 Sekunden das erste Mal zuschlug. Nach Flanke von Daniel Adlung stand der Topstürmer in der Mitte goldrichtig, ließ den Ball kurz abtropfen und versenkte ihn unhaltbar im Eck. Und auch das 2:0 in der 16. Minute war ein äußerst sehenswertes Tor. Nach einer abgewehrten Ecke von Rok Kronaveter stand Marc-André Kruska außerhalb des Sechzehners frei, nahm den abgeprallten Ball direkt und traf genau ins obere rechte Dreieck. Die 9.875 Zuschauer im Stadion der Freundschaft waren begeistert und gingen bereits von drei sicheren Punkten für Cottbus aus.

Was dann allerdings geschah lässt sich kaum beschreiben. Der KSC steckte nicht auf und nutzte mehrere Unachtsamkeiten in der Cottbuser Deckung. Karlsruhe drehte das Spiel zwischen der 25. und 40. Minute in ein 2:4, wobei besonders Timo Staffeldt mit drei Vorlagen entscheidend beteiligt war. Zur Pause herrschte Ernüchterung auf den Rängen, ein wütender Pele Wollitz stapfte in die Kabine und nun glaubten wohl nur noch die wenigsten an einen Punktgewinn. Als nach der Pause in der 55. Minute auch noch das 2:5 durch den überragenden Staffeldt selbst erzielt wurde, dachten einige bereits daran das Stadion an diesem Septembermontag wieder zu verlassen.

In der 63. Minute wechselte Wollitz dann aus, brachte mit Jiayi Shao seinen "Unterschiedsspieler", wie er mehrfach verlauten ließ - und der fügte sich sofort ins Spiel ein. Oft sind es in einer Partie in der nicht viel zusammengeht die Standards, die eine Mannschaft wieder zurück bringen. So auch in der 66. Minute, als Shao kurz nach seiner Einwechslung einen Freistoß erhielt. Mit einem Direktversuch aus über 25 Metern ließ er die Kugel flatternd am verdutzten Karlsruher Schlussmann Kristian Nicht vorbei in die Maschen segeln. Der Anschlusstreffer durch den Joker war hergestellt, genug Zeit war außerdem noch. Die Mannschaft legte sich noch einmal ins Zeug, der KSC besann sich nun zusehends darauf das Ergebnis zu halten.

Nur zwei Minuten später gab es wieder ein Foul in der Karlsruher Hälfte - und auch diesen Freistoß schnappte sich der Chinese. Kurzer Anlauf, Schuss... und drüber. Doch der Freistoß wurde wiederholt, da sich ein KSC-Spieler zu früh aus der Mauer löste. Wieder Shao, diesmal mit einem deutlich platzierteren, aber dennoch nicht unhaltbaren Ball, den Keeper Nicht nur ungenügend abwehren konnte. Nils Petersen schaltete am schnellsten und staubte aus fünf Metern zum 4:5 ab. Die Energiefans waren nun wieder da, bejubelten jede gelungene Aktion und peitschten ihre Mannschaft nach vorn.

Kurz vor dem 4:5 hatte Pele Wollitz bereits seinen nächsten Trumpf gezogen. Mit Jules Reimerink wollte der Trainer weitere Offensivimpulse setzen und traute dies dem wendigen und technisch beschlagenem Niederländer zu. Es kam die 72. Spielminute. Emil Jula schirmte einen Ball ab und leitete ihn auf den auf der Außenbahn wartenden Alexander Bittroff. Bittroff sah in der Mitte Nils Petersen warten, doch sein Flankenversuch prallte am Gegenspieler ab. Er landete jedoch nur wenige Meter neben ihm beim eingewechselten Reimerink, der mit dem Rücken zum Tor und drei auf ihn zustürmenden KSC-Verteidigern nur eine Richtung kannte - mitten durch. Mit einer schnellen Drehung und geschickter Ballmitnahme ließ er die drei konsternierten Blau-Weißen einfach stehen und rannte von halblinks in den Strafraum. Ein weiterer KSC-Verteidiger warf sich ihm grätschend vor die Füße, doch da hatte sich der Niederländer bereits zum Abschluss mit der Pike entschieden. Der Ball segelte über den liegenden Karlsruher und den Gästetorhüter hinweg ins lange Eck. Ein Wahnsinnstor! Noch heute liegt einem der unbändige Torjubel der Energie-Fans im Ohr, die diesen Irrsinn miterleben durften.

Nur sieben Minuten lagen zwischen den drei Toren und einer verrückten Aufholjagd. Das Spiel war nun völlig auf den Kopf gestellt und der KSC war es nun, der wütend anrannte. Als in der 84. Minute Staffeldt kurz vor der Strafraumgrenze durch Energie-Beine ins Straucheln geriet und fiel, den Pass aber trotzdem noch auf seinen Mitspieler brachte, gingen alle von Vorteil aus. Der freigespielte Spieler zog ab - in dem Moment ertönte die Pfeife des Schiedsrichters. Während der Ball zum eigentlichen 5:6 ins Tor flog, hatte der Unparteiische das Foul an Staffeldt geahndet. Eine unglückliche Entscheidung, die für Energie aber weiterhin den Punktgewinn bedeutete. Als Christian Timm in der 87. Minute alle Cottbuser stehen ließ und alleine auf Thorsten Kirschbaum zurannte, war es am Ende der Schlusmann, der den einen Punkt festhielt.

Eine Wahnsinnspartie endete 5:5 unentschieden und zeigte einmal mehr, dass der Fußball unberechenbare Wendungen haben kann. Nach diesem spektakulären Spiel des 3. Spieltag hatte der TV-Sender Sport1 wohl auch Gefallen an Energie gefunden und strahlte in 2010/11 insgesamt sechs Montagsspiele mit Cottbuser Beteiligung aus - Rekord in unserer Montagsspielhistorie. Für alle die live im Stadion und am Fernseher dabei waren, wird jener 13. September 2010 jedenfalls für immer unvergessen bleiben.

(Text: September 2020)