-Spielbericht-
ENERGIE-GESCHICHTSKALENDER - Vor 15 und vor 20 Jahren: Entscheidungen im Mai / die "Sechz'ger Woche"
Der 19. Mai 2001 ist unbestritten einer der wichtigeren Tage in der Geschichte von Energie. Cottbus spielte bis dato eine hervorragende erste Bundesliga-Saison und konnte sich durch einen Sieg am letzten Spieltag selber retten. Der Gegner: 1860 München. Fünf Jahre später. Am 14. Mai 2006 kommt es im Stadion der Freundschaft zum alles entscheidenden Spiel um den Wiederaufstieg in die Bundesliga. McKenna, Berhalter, da Silva und Co erwarten am 34. Spieltag einen starken Gegner: die Münchener Löwen.
Zurück ins Jahr 2006. Energie, inzwischen wieder in der 2. Bundesliga unterwegs, kämpfte um die Rückkehr ins Oberhaus. Auch dieses Mal hieß der Gegner am letzten Spieltag 1860 München, auch dieses Mal konnte Cottbus einen Ein-Punkt-Vorsprung gegenüber Greuther Fürth aus eigener Kraft ins Ziel bringen. Aber auch Karlsruhe und Freiburg lauerten auf einen Cottbuser Ausrutscher und hätten noch die Chance vorbeizuziehen. Doch der 14. Mai 2006 kannte auch diesmal nur einen Sieger.
Petrik Sander hatte bereits während der Saison aus der Not eine Tugend gemacht. Kevin McKenna, gelernter Abwehrspieler, wurde zum Stürmer umfunktioniert und traf nach Belieben. Auch dank seiner zahlreichen Tore war der FCE im Aufstiegsrennen vorne mit dabei - und auch an diesem Tag sollte McKenna gegen die Löwen seine Momente bekommen. Aber der Reihe nach. Nach dem enttäuschenden 0:2 in Offenbach vor einer Woche fehlte Energie-Coach Petrik Sander im entscheidenden Spiel um den Aufstieg Torjäger Francis Kioyo (Sperre nach Fernsehbeweis). Für den Kameruner rückte besagter McKenna in die Spitze, der neu ins Team gekommene Hysky dafür in die Innenverteidigung.
Das Spiel begann munter, Energie legte vor ausverkauftem Haus sofort los wie die Feuerwehr. Die Löwen-Abwehr wurde enorm unter Druck gesetzt und immer wieder attackiert. Schon nach zwei Minuten traf McKenna aus 16 Metern nur den linken Pfosten. Die Münchner konnten sich nur sporadisch aus der Defensive lösen, Energie hatte weitere Chancen durch da Silvas Kopfball (10.) und Sidneys Freistoß (13.). Bei den Münchenern erwies sich vor allem Torben Hoffmann in der Innenverteidigung in der Luft als Meister seines Fachs, räumte per Kopf fast alle in den Strafraum geschlagenen Bälle der Lausitzer in dieser Phase weg.
Nach gut 20 Minuten konnten sich die "Blauen", die vorher kaum einen Ball in der gegnerischen Hälfte hatten behaupten können, etwas aus der Umklammerung befreien. Mit Folgen für die Cottbuser: Milchraum setzte sich auf der linken Seite gegen Berhalter durch und flankte flach in die Mitte, wo Paul Agostino einen Schritt schneller war als Sidney und mit rechts aus zehn Metern ins rechte Eck einschoss. Nach 21 Minuten verkehrte Welt im Stadion der Freundschaft - der Gast führte völlig überraschend.
Cottbus war merklich angeschlagen, eine Zeit lang lief nicht mehr viel zusammen. Erst nach einer halben Stunde rafften sich die Lausitzer wieder auf: Bei einem Freistoß von Gunkel, den Michael Hofmann klasse entschärfte (33.), einem halbherzigen Abschluss von Ziebig (35.) sowie einem Drehschuss von Radu (40.) standen die Hausherren dreimal knapp vor dem Ausgleich. Kurz vor der Pause dann endlch die Erlösung: Radu flankte von rechts, Komljenovic warf sich in die Hereingabe und bekam den Ball an die Hand - Schiedsrichter Meyer deutete sofort auf den Punkt. Berhalter trat an und nagelte den Elfmeter trocken und sicher unter die Latte. 1:1! Das Stadion war wieder aus der Schockstarre erwacht, die Fans glaubten wieder an das nächste Cottbuser Fußballwunder.
Nach dem Wechsel machte die Sander-Elf da weiter, wo sie vor der Pause aufgehört hatte, und drängte die Löwen vom Anpfiff weg in die Defensive. Gunkels Knaller aus 25 Metern konnte Keeper Hofmann noch parieren (49.), war aber fünf Minuten später machtlos: Nach Ecke von Sidney stieg da Silva in der Mitte höher als Hoffmann und köpfte den Ball aus fünf Metern ins linke Eck. In der Folge gönnte sich Energie eine kleine Verschnaufpause, die in Chancen der Gäste durch Schäfer (61.) und Agostino (62.) mündete. Verständlicherweise legte Cottbus sein Hauptaugenmerk dann verstärkt auf die Defensive, ließ die Münchner kommen und versuchte zu kontern.
Die Angriffe der Schachner-Elf verpufften meist wirkungslos, es fehlte an den Ideen und im Strafraum auch an der Durchschlagskraft. Im Anschluss an einen Standard sollte dann auf der Gegenseite die Entscheidung fallen: Gunkels Eckball köpfte da Silva Richtung Tor, die vielbeinige Münchener Abwehr blockte ab, ebenso den Nachschuss von Radu. Den Abpraller erwischte McKenna per Kopf und nickte den Ball mit seinem zehnten Saisontreffer aus vier Metern über die Linie - Steffen Hofmanns Rettungsversuch kam zu spät (78.). Bis zum Schlusspfiff passierte nichts mehr - vorzeitige Jubelfeiern auf den Rängen sorgten danach für mehr Aktion als bei den Akteuren auf dem Spielfeld. Nach dem Schlusspfiff brachen alle Dämme und der zweite Cottbuser Bundesligaaufstieg war besiegelt. "Es ist ein Traum, dass wir zurück in der Bundesliga sind. Es ist ein ganz großes Gefühl. Das war so wichtig für die Stadt und die gesamte Region - jetzt wird die ganze Nacht gefeiert!", jubelte Kapitän Gregg Berhalter stellvertretend für alle an diesem Tag.
(Text: Mai 2021)
|