Spielbericht
Montagsspiele. Bei vielen Fans eher verhasst denn akzeptiert, stehen sie seit 1993 sinnbildlich für den Fußball der 2. Bundesliga. Auch Energie durfte sich in den Profifußballjahren das ein oder andere Mal am Montag präsentieren. So auch am heutigen Montag, vor 20 Jahren, Damals stand die Begegnung beim Chemnitzer FC an und sollte im Nachhinein für reichlich Gesprächsstoff sorgen. In sportlicher aber auch unsprotlicher Hinsicht. In jedem Fall war sie aber richtungsweisend für den späteren Aufstieg des FC Energie.
Am 27. März 2000, zwei Wochen nachdem das Zweitliga-Spitzenspiel beim 1. FC Nürnberg 1:1 endete und auch in der Woche danach ein eher glückliches 1:0 über die Stuttgarter Kickers eingefahren wurde, musste Energie im Topspiel beim Chemnitzer FC antreten. Die direkten Verfolger Mönchengladbach, TeBe Berlin und der 1. FC Nürnberg konnten ihrerseits am Wochenende allesamt siegen und schauten nun gespannt wie Energie sich am Montag beim CFC schlagen würde. Cottbus mit 38 Punkten auf Rang 3, punktgleich mit Gladbach auf der 4, war also fast schon zum Siegen verdammt. Dennoch sprach bis zu diesem Spiel keiner bei Energie vom Aufstieg.
Ede Geyer brachte in dem erwartet kampfbetonten Spiel neben den erfahrenen Recken Irrgang und Vata (für den gelbgesperrten Beeck) auch wieder den Ungarn János Mátyus in der Defensive, der sich seit seinem Winter-Wechsel nach Cottbus in der Abwehr festspielen konnte. Im Mittelfeld standen neben der Kreativabteilung um Miriuta und Wawrzyczek mit Scherbe und Renn zwei kampfstarke Spieler im Aufgebot. Vorne sollten es Rödlund, Jovic und Labak richten.
Vor 6.047 Zuschauern folgt der Anpfiff zur Primetime. Das Flutlicht im Stadion an der Gellertstraße erstrahlt den Platz und lässt die Kälte fast vergessen. Die Chemnitzer, im Mittelfeld der Tabelle beheimatet, beginnen mutig und bestimmen auch das Spielgeschehen. Immer wieder erarbeiten sie sich Vorstöße und tauchen vor Piplicas Kasten auf. Zwingend ist das zwar nicht, zeigt aber, dass Energie hier nicht leichtfüßig Punkte mitnehmen wird. Kurz vor dem Pausenpfiff dann ein Freistoß für den CFC. Nebojsa Krupnikovic schnappt sich den Ball, befördert ihn in den Sechzehner, wo der aufgerückte Verteidiger Torsten Bittermann das 1:0 für die Himmelblauen einköpft. Großer Jubel beim Heimpublikum, Tristesse im Gästeblock und noch größerer Ärger beim Trainer. Das Standardgegentor kurz vor der Pause weckte den Favoriten aus dem Schlaf. Und auch in der Pause tat Geyer sein Übriges, um den Spielern ins Gewissen zu reden. Deutlich präsenter kamen sie nun aus der Kabine und waren gewillt, das Spiel noch zu ihren Gunsten zu entscheiden.
Der Wiederanpfiff ertönt. Cottbus nun merklich wacher in den Zweikämpfen, stört früh den Gegner, behauptet Bälle schon im Mittelfeld und schickt die Offensive immer wieder auf die Reise. Derweil lässt sich der Kommentator des DSF, gut hörbar auf den Heimgeräten, zu einer verbalen Entgleisung über unseren Angreifer Miroslav Jovic hinreißen, als er ihn bei noch geöffnetem Mikro einen "Scheißspieler" nennt, der ihm "auf den Sack" gehe, da dieser sich wohl ein mal zu viel hat fallen lassen. Später sollte sich Uwe Morawe dafür öffentlich entschuldigen und den Skandal zur Randnotiz werden lassen. Das Spiel lief indes weiter und Energie kam nun vermehrt zu Torchancen. Dennoch braucht es erst einen Vorstoß vom Ungarn Mátyus, der in der 58. Minute einen Kopfball in die Maschen wuchtet. Sein erstes Saisontor und ein ganz ganz wichtiges. Das Spiel ist jetzt wieder völlig offen und Energie spielt nun sogar auf Sieg. Geyer bringt für die letzten 10 Minuten noch einmal frische Angreifer, wechselt Franklin für den an diesem Tag glücklosen Labak ein und bringt zudem noch Marcel Rath. In den letzten Minuten wurden die Bemühungen der zweiten Hälfte dann doch noch belohnt. Franklin Bittencourt vollendet in der 90. Minute einen Angriff und erzielt das 2:1-Siegtor für den FCE.
Es war ein ungemein wichtiger Sieg, der Energie mit 41 Punkten den zwischenzeitlichen Klassenerhalt sicherte - jedoch viel mehr hinsichtlich des Aufstiegs von Bedeutung war. Irrgang sprach nach dem Spiel erstmals offensiv vom Aufstieg und gab zu Protokoll, dass es "keinen Sinn mache um Platz 5 oder 6 zu spielen". Auch Manager Klaus Stabach erzählte nach dem Spiel, dass man sich nach dem Klassenerhalt nun "anderen Zielen widmen" könne. Etwas augenzwinkernd meinte auch Präsident Dieter Krein im Anschluss: "Wir reden nicht vom Aufstieg, wollen aber unseren derzeitigen dritten Platz natürlich behaupten". Gesagt vor den Mikrofonen des DSF, unter den Flutlichtstrahlen in Chemnitz - an einem Montagabend im März. Und wie wir alle wissen, sollten alle Protagonisten Recht behalten.
(Text: 30. März 2020)
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