-Spielbericht-
Vor 25 Jahren startete die erfolgreichste Pokalsaison unserer Vereinsgeschichte. Der Weg führte bis ins Finale nach Berlin. Im Halbfinale bei Schneegestöber traf man auf den Karlsruher SC.
Schnee im April kommt schon mal vor. Was für den Meteorologen noch erklärbar ist, war an jenem denkwürdigen 15. April 1997 ein Faustpfand für den FCE. Im Verlauf des Tages verdichteten sich die Wolken über Cottbus und bei wenigen Grad Celsius fielen bereits am Nachmittag die ersten kleinen Flöckchen. Der Karlsruher SC war da bereits in Cottbus und KSC-Trainer Winnie Schäfer wusste schon nach der Platzbegehung, dass "es heute ungemütlich" werden könne. Natürlich waren die Karlsruher klarer Favorit. Das Team aus Baden war auf dem Weg Richtung UEFA-Cup, während Cottbus in der Regionalliga um den Aufstieg rang. Doch all das war beim Anstoß um 20:30 Uhr vollkommen nebensächlich. Im restlos ausverkauften Stadion der Freundschaft drängten sich 20.000 Zuschauer auf den Stehtraversen, um der nächsten möglichen Sensation beizuwohnen. Der Schneefall war pünktlich zum Anpfiff in dicke Flocken übergegangen, das Spielfeld war ein einziger weißer Teppich. Der KSC kam in Bestbesetzung nach Cottbus, hatte mit Thosten Fink, Michael Tarnat, Dirk Schuster oder Sean Dundee geballte Bundesliga-Prminenz dabei. Cottbus antwortete mit Thomas Hoßmang, Sven Benken, Jens Melzig und Mike Jesse, die der Offensive mit Kampf und Leidenschaft entgegentraten. Das Spiel war von Minute eins an hart umkämpft. Immer wieder rutschten Spieler auf dem leicht eisigen Untergrund aus - doch vor allem den Energiespielern schien das alles in die Karten zu spielen. Während die Karlsruher um ein gepflegtes Passpiel bemüht waren, grätschten und kämpften die Cottbuser um jeden Ball. Mit frenetischem Applaus wurde jeder gewonnene Zweikampf von den eingeschneiten Fans angefeuert. Als Dirk Schuster in der 33. Minute glatt Rot sah, kochte das Stadion geradezu. Und was nach der Pause geschah, ist Energie-Geschichte, ist Legende - und bis heute unvergessen. Nicht nur, dass Willi Kronhardt in der 65. Minute den Bann brach und das 1:0 für den Außenseiter erzielte. Es war auch der Jubel an sich, der bis heute in den Köpfen blieb und das Nicki mit der Grußbotschaft an die damalige Freundin "Jule" offenbarte. Auch die Gier mit der Energie nun auf den zweiten Treffer ging, der nur drei Minuten später durch Torjäger Detlef Irrgang fiel, war beeindruckend. Auf den Rängen gab es kein Halten mehr, Menschen lagen sich in den Armen, das Stadion stand komplett Kopf. Als Toralf Konetzke kurz vor Ende sogar noch auf 3:0 erhöhte, war die Sensation vollbracht. "Sie erleben die Demontage eines Bundesligisten", tönte die Überraschung auch an den heimischen Fernsehern über den Bildschirm. Als Schiedsrichter Alfons Berg nach 90 Minuten abpfiff, lagen die Spieler voller Freude, aber auch teils völlig erschöpft im Schnee und ließen sich feiern. Ein Tag für die Ewigkeit, ein Dienstag im April, der noch bis tief in die Nacht für unzählige Feierlichkeiten in der Stadt sorgte. Und überall war es vernehmbar, dieses wahr gewordene Mantra: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin".
(Text: April 2022)
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