Energie Cottbus
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Saisonchronik 1996/97 → Relegation 2. Bundesliga: Hannover 96 (H)
Besonderes Spiel: Erster Aufstieg in die 2. Bundesliga

Relegation 2. Bundesliga 1996/97 - 2. Spieltag
Donnerstag, 05.06.1997
Stadion der Freundschaft, Cottbus

22.000 Zuschauer (ausverkauft)

3:1
FC Energie Cottbus (1:1) Hannover 96

Schiedsrichter:
Georg Dardenne (Nettersheim)

Gegnerstatistik:
Hannover 96

Programm Plakat Presseinfo Bericht

Tore

1:0 T. Hoßmang (40.)
1:1 F. Ernst (42.)
2:1 D. Irrgang (72.)
3:1 D. Irrgang (87.)

FC Energie Cottbus

K. Wehner - T. Hoßmang  - S. Benken, J. Melzig  (70.) - I. Schneider , D. Irrgang, W. Kronhardt , J. Zöphel , H. Fraedrich - F. Seifert , T. Konetzke

Auswechslungen:
J. Woltmann für H. Fraedrich (29.)
M. Zimmerling für J. Woltmann (64.)
I. Lazic für F. Seifert (82.)

Trainer: Eduard Geyer

Hannover 96

J. Sievers - F. Dermach - J. Rasiejewski, M. Dworschak - C. Linke, F. Ernst, D. Hecking, G. Asamoah  , N. Weiland - K. Kovacec  , O. Addo

Auswechslungen:
V. Milovanovic für N. Weiland (57.)
F. Germann für F. Ernst (69.)
L. Manzi für G. Asamoah (77.)

Trainer: Reinhold Fanz

Besonderes Vorkommnis / Sonstiges

Die Partie musste in der 61. Minute für etwa zehn Minuten unterbrochen werden, da ein technischer Defekt einen Flutlichtstrahler außer Betrieb setzte. Nach den Reparaturmaßnahmen konnte das Spiel fortgesetzt werden.
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-Spielberichr-

Es war das wahrscheinlich wichtigste Spiel für Energie Cottbus überhaupt. Der Tag, an dem die Tür zum Profifußball in der Lausitz aufging. Nach einem Spiel, das dramatischer nicht hätte verlaufen können.

Als souveräner Meister der Regionalliga Nordost blieb dem FC Energie auch 1997 der schwere Gang über die folgenden Aufstiegsspiele nicht erspart. Die 2. Bundesliga, der Weg zum Profifußball, war sowohl für Cottbus als auch dem Nord-Meister Hannover 96 greifbar nahe. Nach einem hart umkämpften 0:0 im Niedersachsenstadion stand am 5. Juni 1997 das Rückspiel um den Aufstieg an. Schon das Hinspiel war mit 54.000 Zuschauern restlos ausverkauft. Das Rückspiel im kleineren, dafür umso lauteren, Stadion der Freundschaft war ebenfalls bis auf den letzten Platz rappelvoll gefüllt. Natürlich waren viele Fans schon durch die Pokalerfolge in jener Spielzeit solche Kulissen gewöhnt - jeder wird allerdings zugeben müssen, dass die Stimmung an diesem Tag besonders knisternd, besonders laut und unfassbar emotional war. Auf den Rängen war es ohrenbetäubend laut, es trommelte, es trötete, es wurde lautstark angefeuert. Der von Geyer vor dem Spiel geforderte "12. Mann" war da, um die Mission Aufstieg mit allen Mitteln zu erreichen. Als Schiedsrichter Georg Dardenne den Ball freigab, gab es keine einzige Sekunde, in der Stille herrschte. Energie stand den Hannoveranern von Anbeginn auf den Füßen. Um jeden Ball wurde gekämpft. Jede Grätsche von Melzig, Hoßmang und Co lautstark gefeiert. Hier stand eine Mannschaft auf dem Platz, die wollte, die biss, die ackerte und an ihre Grenzen ging. Torjäger Detlef Irrgang scheiterte nach acht beziehungsweise elf Minuten knapp am Gästekeeper. Hannover hatte hingegen nicht allzu viele Chancen, blieb dennoch über die komplette Spieldauer gefährlich. In der 40. Minute dann der Pfiff von Dardenne - Freistoß für Energie, 20 Meter vor dem Kasten. Hoßmang schnappte sich selbstsicher die Kugel. Kurzer Anlauf, Schuss, abgefälscht von einem Hannoveraner - der bange Blick und... TOR! Der Ball landete im Netz. Die Führung für Energie, der Hexenkessel brodelte, alles sprang, trötete und umarmte sich. Doch der Jubelsturm verhallte nur kurze Zeit später. Fabian Ernst hatte sich für 96 ein Herz gefasst und einfach mal aus der Distanz abgezogen. Dem sonst so sicheren Cottbuser Schlussmann Kay Wehner rutschte der Ball durch die Arme ins Tor. "Ich wollte am liebsten im Boden versinken", gab er später zu Protokoll. Dann die Halbzeit, zum Durchschnaufen, sich sammeln. Sowohl in der Kabine als auch auf den Rängen. Denn die zweite Hälfte sollte es noch mehr in sich haben. Es wurde hitziger auf dem Feld. Viele Fouls, viel Kampf, viel Stückwerk. Und dann war es auf einmal dunkel im weiten Rund. Das Flutlicht hatte sich nach etwa einer Stunde verabschiedet. Es dauerte zehn Minuten, bis die richtigen Schalter wieder umgelegt waren und Schiri Dardenne das Spiel fortsetzen konnte. Der nächste Aufreger ließ aber wieder nicht lange auf sich warten, als Melzig im Kampf um den Ball Otto Addo umsäbelte und mit Gelb-Rot in der 70. Minute vom Platz geschickt wurde. Alles sprach nun gegen Energie. Das Publikum spürte das, pfiff 96 bei jedem Ballkontakt gnadenlos aus und bejubelte nun noch mehr die eigene Mannschaft nach gelungenen Aktionen. Und dann passierte es. Der vielleicht wichtigste Moment in unserer Vereinsgeschichte. Hannover war in Überzahl weit aufgerückt, Cottbus eroberte den Ball. Über Seifert kam der Ball in den Strafraum und wurde länger und länger. Hannovers Torwart Sievers kam nicht an die Kugel, sodass Irrgang in der Mitte freistehend den Fuß ranhielt und zum 2:1 einschob! Nun brachen alle Dämme. Irrgang wurde in einer Spielertraube begraben, die Fans flogen über- und durcheinander auf den Stufen, es gab kein Halten mehr. Hannover antworte mit wütenden Angriffen, wirkte aber stark angeschlagen. Dann zappelte der Ball auf einmal hinter Wehner im Netz. Der Schock war nur von kurzer Dauer - dem Tor der 96er war ein Foulspiel vorausgegangen. Cottbus mauerte weiter in Unterzahl und kam dann doch noch mal vors Tor. Wieder war es Irrgang, der diesmal einige Abwehrbeine stehen ließ, abzog und zusah, wie Sievers zwar hielt, der Ball aber wieder genau vor Irrgangs Füße sprang. Diesen schob er eiskalt zum entscheidenden 3:1 in die Maschen. Was für eine Erlösung! Kurz darauf war Schluss. Die Menschen strömten in Scharen auf das Spielfeld und feierten ihre Helden. Ede Geyer sprach von einem verdienten Sieg: "Auch wenn Hannover geschliffener gespielt hat als wir, werden Spiele nun mal durch Tore entschieden. Und da haben wir zwei mehr gemacht als 96". Energie Cottbus war erstmals nach der Wende aufgestiegen und spielte nun im Wettbewerb der Großen mit. Dank eines denkwürdigen Auftritts an jenem Tag, der bis heute einer der wichtigsten Tage der Energie-Geschichte ist.

(Text: Juli 2025)