Spielbericht
Der 21. Juni ist in der Vereinsgeschichte von Energie Cottbus ein Datum voller Freud und Leid. Während heutzutage die Spielzeiten bereits im Mai enden, wurden im DDR-Fußball auch im Juni noch wichtige Entscheidungsspiele ausgetragen. In den Aufstiegsrunden zur Oberliga trafen sich die besten Teams der jeweiligen DDR-Liga-Staffeln um zwei Aufsteiger auszuspielen. Der 21. Juni war in diesen Aufstiegsrunden für Energie auch zweimal ein Schicksalstag.
VOR 40 JAHREN: AUFSTIEGSKRIMI IN BÖHLEN OHNE HAPPY END
In der Spielzeit 1979/80 schaffte es Energie nach dem Staffelsieg in der DDR-Liga in die Aufstiegsspiele. Erneut wartete Wismut Gera auf die Cottbuser Elf, außerdem noch der F.C. Hansa Rostock, Chemie Böhlen und Dynamo Fürstenwalde. Gegen Hansa war kein Kraut gewachsen: die Kogge setzte sich frühzeitig oben ab und gewannen sieben ihrer acht Aufstiegsspiele. Fürstenwalde und Wismut Gera schafften hingegen nur jeweils einen Sieg und verspielten so ihr Mitspracherecht auf den zweiten Aufstiegsplatz. Blieben also noch Chemie Böhlen und Energie Cottbus - beide Teams standen vor dem letzten Spieltag der Aufstiegsrunde punktgleich in der Tabelle. Da Chemie die um drei Tore bessere Tordifferenz hatte und es zum direkten Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten kam, brauchte Energie einen Sieg in Böhlen. Alles war bereit für den Showdown an der sächsischen Pleiße.
Im Stadion an der Jahnbaude besuchen an diesem 21. Juni 1980 rund 7.000 Fußballbegeisterte das Entscheidungsspiel. Den mit vielen Oberliga-erfahrenen Spielern antretenden Böhlenern reicht ein Unentschieden, um die Rückkehr in die höchste Spielklasse zu schaffen. Energie, das um die Schwere der Aufgabe weiß, beginnt das Spiel konzentriert, forciert immer wieder Ballverluste der Gastgeber und wagt häufig selbst kleine Vorstöße. Robert Reiß als Dirigent initiiert diese Angriffsbemühungen ein ums andere Mal, aber auch der agile Karl-Heinz Jahn bringt Chemie in etwaige Verlegenheiten. So auch in der 17. Minute: nach einem Pass von Peter Zierau vernascht Jahn zwei Böhlener Spieler, bringt dann den Ball an den Elfmeter-Punkt, wo Roland Balck mit einem Flachschuss zur 1:0-Führung einschiebt. Chemie Böhlen antwortet mit Offensivbemühungen, die unter anderem auch durch Standardsituationen gefährliche Ausmaße annehmen. So landet kurz vor der Pause ein Böhlener Freistoß am Pfosten. Auch zur 2. Halbzeit bekommt Energie-Keeper Rolf-Dieter Kahnt viel zu tun. Der Gastgeber setzt nun alles auf eine Karte und erzwingt schon früh im zweiten Spielabschnitt den Ausgleich (47.). Energie hält aber kämpferisch dagegen, steckt nicht auf - läuft tragischerweise aber dennoch in einen Konter und kassiert das vermeidbare 1:2 (68.).
In der Schlussviertelstunde wird es dann immer spannender, ein Angriff folgt dem nächsten und nachdem Dietmar Förster in der 76. Minute noch knapp am Böhlener Tor vorbeischießt, schaffen die Lausitzer acht Minuten vor dem Ende den Ausgleich, der Ausdruck des unbedingten Willens ist. Denn nachdem zuvor Bernd Mudra den Ball an die Latte setzt, schaltet Kapitän Peter Zierau gedankenschnell und versenkt den Abpraller in die Maschen. Die weiteren Angriffe der Cottbuser bleiben bis zum Spielende allerdings leider ohne Erfolg. Trotz sehr gutem Kampf und einem sehenswerten Auftritt in einem von beiden Seiten temporeich geführten Spiel bleibt Energie nur der dritte Platz im Aufstiegsranking. Chemie Böhlen feiert dagegen die Rückkehr in die DDR-Oberliga. Energies Sektionsleiter Dr. Schubert fasst nach dem Spiel treffend zusammen: "Was die Böhlener an Erfahrung und Routine voraus hatten, konnten wir mit Schnelligkeit, Technik und einer modernen Spielauffassung ausgleichen". Dennoch musste der Energie-Tross die Heimreise ohne den ersehnten Auswärtssieg antreten. Der erneute Anlauf in der darauffolgenden Spielzeit sollte allerdings wieder von Erfolg gekrönt sein und endete schließlich wieder im Oberliga-Aufstieg.
(Text: Juni 2020)
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