Energie Cottbus
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Saisonchronik 1974/75 → Aufstiegsrunde zur DDR-Oberliga: BSG Wismut Gera (H)

Aufstiegsrunde zur DDR-Oberliga 1974/75 - 9. Spieltag
Sonnabend, 21.06.1975
Stadion der Freundschaft, Cottbus

12.000 Zuschauer

2:0
BSG Energie Cottbus (0:0) BSG Wismut Gera

Schiedsrichter:
Wolfgang Riedel (Berlin)

Gegnerstatistik:
BSG Wismut Gera

Programm Plakat Presseinfo Bericht

Tore

1:0 Posselt (64., Eigentor)
2:0 Lo. Schulz (81.)

BSG Energie Cottbus

A. Wendt - F. Bohla - H. Prinz, L. Häder, H. Wank - S. Wünsch, K. Becker, B. Deutschmann - B. Zielinski, K. Grebasch, B. Mudra

Auswechslungen:
Lo. Schulz für H. Prinz (62.)

Trainer: Manfred Kupferschmied

BSG Wismut Gera

Heinzel - Pritzner, Posselt, Korn, Klimank, Krauß, Pogorzelski, Markfeld   (80.), Struppert, Zubeck, Bach

Auswechslungen:
Ehrhardt für Zubeck (72.)

Trainer: Klaus Kreul

Besonderes Vorkommnis / Sonstiges

Spielbericht

Der 21. Juni ist in der Vereinsgeschichte von Energie Cottbus ein Datum voller Freud und Leid. Während heutzutage die Spielzeiten bereits im Mai enden, wurden im DDR-Fußball auch im Juni noch wichtige Entscheidungsspiele ausgetragen. In den Aufstiegsrunden zur Oberliga trafen sich die besten Teams der jeweiligen DDR-Liga-Staffeln um zwei Aufsteiger auszuspielen. Der 21. Juni war in diesen Aufstiegsrunden für Energie auch zweimal ein Schicksalstag.
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VOR 45 JAHREN: NACH SCHWEREM ANFANG DER TRIUMPH

Wir gehen genau 45 Jahre zurück. Energie Cottbus hat sich dank einer starken Saison mit nur einer Niederlage die Meisterschaft in der DDR-Liga Staffel D gesichert. In den Anfang Mai startenden Aufstiegsspielen warten die Meister der anderen vier Staffeln, die mit dem 1. FC Union Berlin, Dynamo Schwerin, Wismut Gera und Chemie Leipzig ebenso starke Vertreter in den Kampf um die DDR-Oberliga entsenden. Energie findet in den ersten Spielen gegen Chemie Leipzig (0:1) und Wismut Gera (0:3) nur schwer hinein, kassiert zwei Niederlagen und spielt auch gegen Schwerin (1:1) nur Remis. Nur ein Sieg gegen Union Berlin (2:0) hält die Mannschaft im Geschäft. Nachdem auch in der "Rückrunde" eine klare 0:3-Niederlage in Leipzig kassiert wird, beschwört die Mannschaft noch einmal den inneren Geist. Ein starkes Aufbäumen und zwei 5:1-Siege gegen Schwerin und Union bringen Energie wieder in Lauerstellung um den zweiten Aufstiegsplatz. Das letzte Spiel gegen die noch im Rennen befindliche Truppe von Wismut Gera muss eine (Vor-)Entscheidung bringen.

Das Spiel findet am 21. Juni 1975 statt. Nur ein Sieg wahrt Energies Aufstiegschancen. Dieser 9. Spieltag der Aufstiegsrunde lockt 14.000 erwartungsfrohe Zuschauer ins Stadion der Freundschaft. Doch nach dem Anpfiff nehmen erst einmal die Thüringer das Heft des Handelns in die Hand, spielen einen sicheren Ball und sind eine halbe Stunde lang tonangebend. Doch auch Energie meldet seine Ansprüche an, kämpft sich zurück ins Spiel und köpft in Person von Fritz Bohla einen Flankenball an die Latte (33.). Wismut Gera bringt die Offensivbemühungen von Energie zeitweise dank einer 9-Mann-Deckung gänzlich zum Erliegen. Dazu erschweren die immer wieder einsetzenden starken Regengüsse ein normales Spiel - der Kampf muss demnach über den Ausgang der Partie entscheiden. In der zweiten Hälfte sehen die zahlreichen Zuschauer dann fast nur noch Energie im Angriff, die pausenlos anrennen und den Gegner zu immer mehr Fehlern zwingen. Wünsch, Becker und selbst Libero Bohla eröffnen einen temporeichen Angriffszug nach dem anderen und haben letztendlich damit Erfolg - nach einer Ballstaffette köpft ein Gäste-Spieler den Ball ins eigene Tor (64.). Viele weitere Chancen später setzt auch der eingewechselte Lothar Schulz zum Kopfball an und trifft zum viel umjubelten 2:0 (80.). Ein Sieg des Willens, ein Sieg der Moral - eine beeindruckende Rückserie mit 12:1-Toren aus drei gewonnenen Spielen bringt Energie den ersehnten zweiten Aufstiegsplatz.

Doch nach dem Abpfiff blieb der Jubel erstmal aus. Denn während Energie am 10. Spieltag der Aufstiegsrunde spielfrei hatte, durfte Wismut Gera eine Woche nach dem Spiel in Cottbus noch bei den bereits aufgestiegenen Leipzigern ran, brauchte allerdings vier Tore um an Energie noch vorbeizuziehen. Gera ging sogar überraschend mit 2:0 in Führung, gab den Vorsprung jedoch wieder her und spielte am Ende nur Unentschieden. Energies zweiter Aufstieg der Vereinsgeschichte fand also ohne direkte Beteiligung von Energie statt - das Ergebnis vom Leipzig-Spiel vernahm die Mannschaft allerdings gemeinsam. Denn die Spieler, Trainer und Betreuer weilten zusammen mit ihren Familien zum Urlaub in Greifswald. Als das Ergebnis eintrudelte, befand man sich gerade im Bus auf der Rücktour von der Insel Usedom. Ein paar Tage später veranstaltete die Vereinsführung dann eine Aufstiegsfeier im "Boddenhus" zu Greifswald, wo es die Mannschaft verdientermaßen krachen ließ. Aber das alles wäre ohne das entscheidende Spiel gegen Gera nicht möglich gewesen - an diesem historischen 21. Juni 1975.

(Text: Juni 2020)